Samstag, September 2

Schnauze halten

Cartoon by Fontana Cartoon

Das Urheberrecht ist a) eine gute Sache und b) ein noch recht junges Recht. Es war den antiken Völkern noch völlig fremd, kam mit der Erfindung des Buchdrucks (15. Jahrhundert) langsam ins Gespräch und ist erst 300 Jahre später sozusagen als Nebenprodukt der Französischen Revolution zur Reife gekommen.
Dem Urheberrecht ist seit jeher eigen, dass es immer der technischen Entwicklung hinterherhinkt. Das war bei der Einführung von Radio und Fernsehen so, beim Aufkommen der Technomusik mit ihrer Samplingtechnik anfangs der 90er und aktuell wieder rund um das Thema mp3.

Ein naher "Verwandter" des Urheberrechts ist das Markenrecht. Auch das eigentlich eine gute Sache. Allerdings ist das Markenrecht eine Art Holschuld, im Gegensatz zum Urheberrecht, das man als Bringschuld bezeichnen könnte. Das heisst: Wenn ich einen Text schreibe und dahinter dieses Zeichen © setze, dann reicht das (fürs erste) völlig aus, um meine Urheberrechte als Autor wahrzunehmen. Wenn ich aber Apotheker bin und sowas wie Coca Cola erfinde, dann muss ich diesen Namen und das dazugehörende Produkt registrieren und patentieren und so meine Markenrechte schützen lassen.

Sowohl zum Urheberrecht wie auch zum Markenrecht laufen immer wieder hitzige Grundatzdiskussionen. Oft aus Anlass von Auswüchsen, die diese verbrieften Rechte zur absurden Schmierenkomödie machen. Zwei aktuelle Beispiele:

1)
Ohne böse Absicht um das Urheberrecht foutiert hat sich beispielsweise eine deutsche Bloggerin. Sie hat ein selber gemachtes Foto von einer künstlerischen Arbeit im Reichstagsgebäude zu Berlin in ihren Blog gestellt. Der Schöpfer dieses Werks, Hans Haacke, hat ihr das durch die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst verbieten lassen. Wie ein renommierter Künstler mit einem zeitgenössischen Ansatz auf so eine abstruse Idee kommt, ist nur schwer nachvollziehbar. Erst recht dann, wenn es sich um dieses Werk handelt. Bireweich. Die ganze Story ist nachzulesen bei Heise.

2)
Nachdem die FIFA das Markenrecht anlässlich der Fussballweltmeisterschaft in Deutschland schon arg strapaziert hat, tut es die UEFA jetzt in gleicher Weise in der Schweiz. In diesen Tagen hat sie sich Ausdrücke wie "EM 2008" und ähnliche markenrechtlich schützen lassen und damit klar gemacht, dass sie auch den kleinsten Dorfbäcker einklagen wird, der aus purer Freude am Tschutten einen EM-Nussgipfel (rechtsgekrümmt) ins Schaufenster stellt. Lächerlich.

Was lernen wir daraus? Ganz gleich ob bildender Künstler mit zeitgenössischem Intellektuellenbackground oder globalisierter Fussballmanager mit knallharten Geschäftsinteressen – wer schon viel hat will immer noch mehr. Und merkt nicht, dass diese Masche eine Old-School-Masche ist, die langsam aber sicher vorbei ist. Herr Haacke, Herr Johansson – Ihr habt Eure Leadership-Position in Kultur und Sport verwirkt. Was Ihr da durchzieht, bietet jungen Menschen keine Perspektive. Bitte sofort abtreten und Schnauze halten.